Per Pedal zur Poesie 4
Leicht
Strecke:
Stein am Rhein - Öhningen Kattenhorn - Öhningen Wangen - Gaienhofen - Gaienhofen Horn - Moos - Iznang - Moos - Radolfzell
- Allensbach - Konstanz
Auslastung
keine Infos vorhanden
Parken
keine Infos vorhanden
Coming
Soon
Haltestellen anzeigen
Details der Tour
Empfohlene Jahreszeit
- J
- F
- M
- A
- M
- J
- J
- A
- S
- O
- N
- D
Besonderheiten der Tour
Aussichtsreich / Reichhaltige Pflanzenwelt / Kulturelle Sehenswürdigkeiten
Beschreibung
PER PEDAL ZUR POESIE 4:
Stein am Rhein km 0
Auf dem Bodensee-Radweg über die Grenze nach Deutschland.
Öhningen-Kattenhorn km 3,8
Der Lyriker Werner Dürrs on (1932 – 2008) lebte vierzehn Jahre auf der Höri (Schlosstrasse 11). Wie seinem frühen Mentor Hermann Hesse, dem er sein erstes eigenes Buch widmete (›Hermann Hesse. Vom Wesen der Musik in der Dichtung‹,1957) und den er in seiner Romanbiografie ›Lohmann oder Die Kunst sich das Leben zu nehmen‹ (2007) skizzierte, war ihm die Halbinsel am Ende jedoch fremd geworden.
Öhningen-Wangen km 4,8
Hans Leip (1893 – 1983), der Verfasser der »Internationale der Kriegsmüden«,›Lili Marleen‹, konnte den Untersee noch mit ganz anderen Augen sehen. Bevor er ans schweizerische Ufer nach Fruthwilen (Literarischer Radweg 03) übersiedelte,logierte Leip 1953/54 mehrere Monate im Gasthof Auer und ließ sich hier vom »Wunder des Wassers« für seinen Roman ›Der große Fluß im Meer‹ (1954) inspirieren.
Nach dem Krieg zog Leip auf die Höri, weil er im zerstörten Hamburg keinen Raum zum Arbeiten mehr fand. Jacob Picard (1883 – 1967) indes lebte bereits» seit drei Jahrhunderten in Wangen«. Das schrieb der hier Geborene (Hauptstrasse60) aus seinem New Yorker Exil, wo er nach eigenem Bekunden beim Anblick des Hudson-Rivers stets an den Untersee denken musste.
Gaienhofen km 9,9
Hermann Hesse (1877 – 1962), der in seiner von Lebenskrisen bestimmtenJugendzeit hinreichend Therapieerfahrungen gemacht hatte, kam 1904 unteranderen Vorzeichen an den Untersee: beeinflusst von »einer damals in Deutschland ziemlich lebhaften Regung von Stadtflucht und Landleben mitmoralisch-künstlerischer Begründung«. Mit dem Roman ›Peter Camenzind‹ hatte Hesse einen Erfolg erzielt, der ihm eine freie Schriftstellerexistenz ermöglichte. So mietete er – frisch verheiratet mit der lebensreformerischen Ideen zuneigenden Fotografin Maria Bernoulli – ein Bauernhaus in Gaienhofen, »etwas primitiv und auch etwas verwahrlost, aber hübsch und still«, und blieb acht Jahre auf der Höri.
In diesem ersten eigenen Haus hatte Hesse »zum ersten Mal das Gefühl von Seßhaftigkeit, und eben darum auch zuweilen das Gefühl der Gefangenschaft, des Verhaftetsein an Grenzen und Ordnungen«.
Heute gehört das Haus zum Hermann-Hesse-Höri-Museum, das die Höri als Literatur- und Kunstlandschaft präsentiert und auch jenen Schreibtisch zeigt, den Hesse eigens für dieses Haus bauen ließ und der ihn bei allen späteren Umzügen begleitete. Dank stetiger Einnahmen konnte Hesse nach drei Jahren einbürgerlichen Ansprüchen genügendes Haus mit Wasserleitung und Badeofen bauen, das jüngst in privater Initiative rekonstruiert wurde – einschließlich des von Hesse selbst angelegten Gartens. Die Skizze ›Ein Septembermorgen am Bodensee‹ zeigt, dass hier im Erlenloh nicht nur die Harmonie mit der Natur, sondern auch Isolation und Einsamkeit einen Platz hatten. Später zog die Familie nach Bernund verließ die »weite, lichte, unverdorbene Landschaft« der Höri, die der Maler Otto Dix (1891 –1969) »zum Kotzen schön« fand.
Radolfzell km 24,0
Mit seiner Literarisierung des St. Galler Mönchs Ekkehard II., dessen Lebensgeschichte er auch in Radolfzell recherchiert hatte, trug Joseph Victorvon Scheffel (1826 – 1886) maßgeblich zur Wahrnehmung des Bodenseeraums als einer historischen Kulturlandschaft bei. Denn wie schon Scheffels ›Trompetervon Säckingen‹ (1853) war auch der ›Ekkehard‹ (1855) eines der auflagenhöchsten und meistgelesenen Bücher des 19. Jahrhunderts. Scheffel selbst zog sich 1871 nach einem Urlaub in Radolfzell »vollkommen karlsruhmüde« auf ein hiesiges»Stück Gartenland« zurück, »welches bis an den See reicht«. Am Ende besaß der Stadtflüchtling zwei Häuser auf dem Hofund Rebgut der Halbinsel Mettnau: die Villa Seehalde und das Scheffelschlösschen – ein Refugium, der stillen Arbeit und dem einfachen Leben vorbehalten. Noch heute erinnert dort das Jagdzimmer anden Dichter.
Berthold Auerbach, der erfolgreiche Autor der ›Schwarzwälder Dorfgeschichten‹, schrieb 1881 beim Besuch des Schlösschens: »[D]a saß ich underinnerte mich nicht, daß ich je im Leben eine höhere, über alles emporgehobene Stunde hatte. Mein einziger Wunsch war: jetzt sterben zu können«. Darüber, dass Scheffel in Radolfzell auch Schwierigkeiten hatte, gibt einer seiner wenigenhier verfassten Texte Auskunft: das Gedicht ›Mettnaustimmung‹, in dem der Bodenseeals »Pfütze voll Schlangen und Kröten« beschimpft wird (Scheffelfelsen).
Allensbach km 37,0
Im Werk Martin Andersen Nexös (1869 – 1954) hat der Untersee nur schwache Spuren hinterlassen. Das Allensbacher Klima sei zum Dichten ungeeignet, schrieber in seinem Erinnerungsroman ›Morten der Rote‹ (1945): Es fördere zu sehr die Faulheit.
I Bhf Rheichenau: Abzweig zur Insel Reichenau km 44,1
(von Allensbach auch mit dem Schiff erreichbar)
Seine Sehnsucht nach derReichenau, der »insula felix«, fasste Walahfrid Strabo (808 – 849) in Fulda, als Schüler des berühmten Hrabanus Maurus, in Versform. Zuvor hatte der ersteund bedeutendste Dichtermönch, den das hiesige Kloster hervorbrachte, auf der Reichenau bereits als 18-Jähriger die früheste gedichtete Jenseitsvorstellung des Mittelalters geschrieben (›Visio Wettini‹), mithin zu einem Thema, das durch Dantes ›Divina Commedia‹ in die Weltliteratur eingehen sollte. Bevor Walahfrid 842 als Abt auf die »insula felix« zurückkehren konnte, schrieb er in Aachen sein heute bekanntestes Werk, ein Hexameter-Gedicht über Gartenbau und Nutzpflanzen (›De cultura hortorum‹).
Konstanz km 50,2
Auch in Konstanz führen die literarischen Spuren bis ins Mittelalter zurück: Der »Mystiker vom Bodensee« Heinrich Seuse, genannt Suso (1295 –1366), dem die Deutschen Begriff und Konzept der »Gelassenheit« verdanken und um dessen Geburtshaus Konstanz und Überlingen lange uneins waren, schrieb seine Traktate›Buch der Wahrheit‹ und ›Büchlein der ewigen Weisheit‹ im hiesigen Dominikanerkloster.
Später trat der Minnesänger Oswald von Wolkenstein (1376/77 – 1445) im Gesellschaftshaus zur Katz auf. Doch erst im Biedermeier entfaltete sich daskulturelle Leben: Theater, Buchhandlungen und Verlage etablierten sich, und im Bürgercasino neben dem Münster trafen sich die literaturinteressierten Bürger.
Mehr zu Konstanz: Literarischer Radweg 03.
Für weitere Informationen schicken wir Ihnen gerne unsere Prospekte zu "Per Pedal zur Poesie" zu.
Viel Spaß beim Nachfahren der Tour und beim Erkunden.